Bürgerinitiativen: Alles eine Frage des Maßstabs

Ja, viele Dinge sind eine Frage des Maßstabs. Und in Landsberg (das weiß man, wenn man hier geboren und aufgewachsen ist und nicht nur von außen beurteilt) gibt es vor allem eine große Liebe zu dieser Stadt und ihren Gebäuden oder ihren einzigartigen Baudenkmälern. Deshalb ist diese Stadt so schön und so gut erhalten geblieben. Und viele möchten, dass das auch im Stadtkern so bleibt. Im Moment ist man dabei andere Prioritäten zu setzen. Und neue andere Maßstäbe anzusetzen. Manchmal ist dieser Blick von außen hilfreich und lehrreich, aber er sollte nicht von oben herab und völlig ohne Verständnis für die Landsberger Gegebenheiten sein.

Denn, was hier vom Historischen Verein und vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern in Sachen Schlossberg gefordert wird, hat seine Berechtigung. Und wie im entfernten (nicht realen) Gallien kämpft hier eine kleine Heerschar für diesen Erhalt ihres Landsbergs. Das mag man nun gut finden oder nicht, in jedem Fall sind diese Landsbergerinnen und Landsberger sehr überzeugend und haben den Mut, für ihre Interessen einzustehen. Sie sind nicht gegen Schulen oder Fortschritt. Dieser Vorwurf ist fast schon unverschämt und absurd, sie wollen nur nicht den jetzigen Anblick ihrer Stadt zerstören und dafür kämpfen sie.

Vernunft oder Liebe zur Altstadt? Oder beides?

Und das ist auch gut so, denn sonst hätten wir alle lange schon nicht mehr beispielsweise den Anblick des Lechwehrs genießen können. Denn auch dort sollten schon mal reine sehr nachvollziehbare Vernunftsgründen über die Liebe zu diesem Lechwehr gestellt werden. Doch wie bei der möglichen Ansiedlung des Chemiekonzerns Elly Lilly (hier war man dagegen), machten die Landsberger für ihr Lechwehr mobil und sorgten so für den Erhalt. In diesem Jahr wird nun gleich zweimal gekämpft. Für den Erhalt des alten Inselbads (mit moderner Technik, aber ohne Erlebnisgastronomie) und gegen einen Anbau am Schlossberg im Norden.

Nicht die Presse hat diesen Konflikt aufgebauscht, sondern die mangelnde Bereitschaft umzudenken und sich vielleicht einer anderen Lösung anzunähern. Beim Inselbad schwenkt die Stadtführung bereits um, denn dieses Thema ist massentauglich und interessiert viele und man fürchtet Widerstand auf breiter Front. Beim Schlossberg versuchte man den anderen Weg. Denn wen interessieren schon ein denkmalgeschütztes Gebäude und Ausgrabungen? Doch hier lag man wohl auch falsch, denn allein die Unterschriften in diesem offenen Brief zeigen, dass man sich engagiert, trotz der Befürchtung, sich damit bei der Stadt unbeliebt zu machen.

Stadtheimatpfleger sind kein notwendiges Übel

Wie wäre es jetzt, wenn man sich an den Brief von 1982 erinnert, sich über so viel Engagement freut und gemeinsam überlegt, welche Lösung wohl die beste für den Schlossberg ist und keine Feindbilder aufbaut. Die Stadt Landsberg konnte und kann sich über couragierte Stadtheimatpfleger wie den bereits verstorbenen Anton Lichtenstern und den jetzigen Stefan Paulus doch nur freuen. Sie bewahren die Stadt vor Bausünden, man sollte sie schätzen und nicht als notwendiges Übel ansehen, auch wenn sie unbequem sind. Das müssen sie nämlich sein. Selbstbewusst den Denkmalschutz als klein anzusehen, weil er anderen Interessen entgegensteht, ist eine Haltung. Ja, aber in Landsberg scheint sie nicht besonders gefragt zu sein.